Die meisten HIV-positiven Menschen sind im arbeitsfähigen Alter. In der Regel können sie selbst für ihren Lebensunterhalt sorgen. Der medizinische Fortschritt hat dazu geführt, dass Menschen mit HIV eine annähernd gleiche Lebenserwartung haben wie HIV-Negative. Ein positiver HIV-Test sagt nichts über die Arbeitsfähigkeit und Belastbarkeit aus. HIV-positive Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer sind bei angemessener medizinischer Versorgung genauso leistungsfähig wie andere Beschäftigte.
Anders formuliert: Eine HIV-Infektion bedeutet nicht automatisch, dass man nicht mehr arbeiten kann oder Einschränkungen bei der Arbeitsfähigkeit hat. Warum auch – schließlich kann man mit einer HIV-Infektion sogar einen Marathon laufen.
Da Menschen mit HIV grundsätzlich arbeitsfähig und überall einsetzbar sind, existieren auch keine rechtlichen Grundlagen, HIV-positive Menschen anders zu behandeln als HIV-negative Menschen. Menschen mit HIV können in der Regel auch bis zum Erreichen des Rentenalters arbeiten. Es sind überwiegend Informationsdefizite, die zu besonderen, oft auch diskriminierenden Handlungen gegenüber HIV-positiven Menschen in Betrieben führen. Rechtlich sind sie nicht begründet.
Trotzdem kann es natürlich gesundheitliche Einschränkungen durch die HIV-Infektion oder Nebenwirkungen der Medikamente geben. Ob überhaupt und wenn, welche Auswirkungen das auf die Arbeitsfähigkeit hat, ist individuell sehr unterschiedlich. Einige Sonderregelungen bzw. Einschränkungen sind in nachstehenden Arbeitsbereichen möglich:
Berufe im Gesundheitswesen
Menschen mit HIV können grundsätzlich ohne Probleme als Arzt oder Ärztin, Krankenpfleger, -schwester oder in der Altenpflege arbeiten. Einschränkungen gibt es nur bei bestimmten chirurgischen Tätigkeiten, wenn die Viruslast des infizierten Mitarbeiters nicht unter der Nachweisgrenze (in diesem Fall 50 Kopien/ml) ist. Für alle anderen Berufe im Gesundheitswesen gibt es unabhängig von der Viruslast keine Einschränkungen (Empfehlung der Landeskommission AIDS NRW).
Leider gibt es aber trotzdem immer wieder Probleme im Gesundheitswesen. Bei Fragen und Schwierigkeiten hilft eine Beratung in einer Aidshilfe. Auch die bundesweite Telefonberatung sowie die Online-Beratung der Aidshilfen helfen gerne weiter. Weitere Infos bietet auch der auch der HIV-Report der Deutschen AIDS-Hilfe zum Thema "Positive im Gesundheitsweisen".
Luftfahrtpersonal
Früher konnten Menschen mit HIV in Deutschland nicht Pilot oder Co-Pilot werden. Hier ändert sich gerade die Gesetzeslage: Am 8. April 2012 trat eine neue Verordnung (1176/2011) der Europäischen Agentur für Flugsicherheit (EASA) formal in Kraft. Nach dieser Verordnung ist HIV kein generelles Ausschlusskriterium mehr. Allerdings werden die neuen Regeln nicht sofort wirksam. Die europäischen Länder müssen jetzt die Voraussetzungen für die Umsetzung schaffen. In Deutschland rechnen wir damit, dass die Verordnung in 2013 umgesetzt wird.
Die Entscheidung ob ein Flugtauglichkeitszeugnis ausgestellt wird, hängt jetzt auch bei Menschen mit HIV vom individuellen Gesundheitszustand ab. Ob jemand das nötige Tauglichkeitszeugnis tatsächlich erhält, entscheidet die Luftfahrtbehörde, in deren Zuständigkeit die medizinischen Untersuchungen fallen. HIV-positive Berufspiloten erhalten darüber hinaus fortan den Zusatz OML (Operational Multicrew Limitation). Das bedeutet, dass der Pilot nur mit einem Co-Piloten beziehungsweise als Co-Pilot fliegen darf. Wie genau die Umsetzung in Deutschland aussehen wird ist noch nicht bekannt, da die Ausführungsbestimmungen noch nicht vorliegen.
Auch mit HIV kann man als Flugbegleiter arbeiten. Die Fluggesellschaften gehen allerdings unterschiedlich mit dem HIV-Test um. Es ist schwierig, allgemeingültige Aussagen zu machen. Viele Fluglinien verlangen keinen Test. Manche verlangen den Test und knüpfen eventuell besondere Auflagen an eine Einstellung. Im Einzelfall ist es sinnvoll, sich darüber bei einer regionalen Aidshilfe zu informieren.
Tätigkeiten im Ausland und Berufe mit Reisetätigkeit
Noch immer verweigern viele Länder Menschen mit HIV einen längeren Aufenthalt, manchmal auch generell die Einreise. Wenn Tätigkeiten in solchen Länder Bestandteil eines Jobs sind, werden Menschen mit HIV bei der Eignungsprüfung manchmal ausgeschlossen. Die Arbeitgeber dürfen in solchen Fällen (wenn die Tätigkeit in einem Land mit Einreise/Aufenthaltsbeschränkung für HIV-Positive stattfindet) ausnahmsweise im Einstellungsgespräch fragen, ob eine HIV-Infektion besteht. Nähere Infos über die betroffenen Länder gibt es unter hivrestrictions.org.
Wird die HIV-Infektion erst festgestellt, während man bereits in dem Job arbeitet, ist das nicht zwangsläufig ein Kündigungsgrund. Der Arbeitgeber kann seinen Mitarbeiter dann zum Beispiel bei anderen Tätigkeiten oder in anderen Ländern einsetzen.
Manche Berufe setzen außerdem „Tropentauglichkeit“ voraus. Eine behandelte HIV-Infektion ist hier in der Regel kein Hindernis, da bei stabilem Immunsystem die sonst problematische Gelbfieberimpfung durchgeführt werden kann. Entscheidend ist, ob der einzelne Bewerber den Belastungen durch das Klima am Einsatzort gesundheitlich gewachsen ist.