Im Labor ist es bereits geglückt, im echten Leben noch ein Traum: HIV aus infizierten Zellen wieder entfernen zu können. Die Medizin kann bisher nur die Vermehrung von HIV blockieren. Das allerdings sehr wirkungsvoll, so dass bei den meisten Patienten keine Viren mehr im Blut nachweisbar sind. HIV befindet sich dann aber immer noch in bestimmten Körperzellen und kann sich von dort wieder vermehren, wenn keine Medikamente mehr eingenommen werden. Das Virus ist also sozusagen auf Standby.
Hier findest du die wichtigsten Grundlagen zum Thema HIV und Therapie. Weiterführende Informationen findest du unter hiv-med-info.de und unter hiv.net sowie unter aidshilfe.de. Eine Übersicht der derzeitig verfügbaren HIV-Medikamente findest du unter aidshilfe.de.
Ziele und Grenzen der HIV-Therapie
Die ART soll die HIV-Vermehrung vollständig unterbinden, sodass keine neuen Zellen infiziert werden und die Zerstörung des Immunsystems aufgehalten wird. Außerdem soll das ständig auf Hochtouren laufende Immunsystem herunterreguliert werden, was zu einer deutlichen Reduktion der Autoimmunreaktionen und Entzündungszeichen führt. Wirkt die Therapie und wird sie lange genug durchgeführt, kann sich das Immunsystem wieder erholen. Der Erhalt des Immunsystems funktioniert gut, wenn mit der Therapie begonnen wird, solange das Immunsystem noch nicht erheblich geschädigt ist. Die Erholung des Immunsystems funktioniert umso schlechter, je später man mit der Therapie anfängt – die Zahl der Helferzellen sollte nicht unter 350/μl sinken. Bei niedrigen Helferzellzahlen dauert die Regeneration nicht nur länger, sondern es steigt auch die Wahrscheinlichkeit, dass das Immunsystem einen erheblichen Schaden behält. Möglich sind selektive (teilweise) Immundefekte, bei denen das Immunsystem – trotz wieder erreichter ausreichender Helferzellzahl – bestimmte Erreger nicht mehr erkennen und bekämpfen kann, also sozusagen auf einem Auge blind bleibt.
Der rechtzeitige Beginn einer HIV-Therapie ist von großer Bedeutung für den Erhalt des Immunsystems und ein langfristig möglichst beschwerdearmes Leben mit HIV.
Selbst bei langjähriger erfolgreicher ART können sich allerdings die zu Beginn der Infektion zerstörten Teile des Immunsystems im Darm nicht wieder vollständig regenerieren – im Blut der Patient(inn)en lassen sich immer noch höhere Spiegel bakterieller Produkte finden als bei HIV-Negativen, und die Entzündungsreaktionen sind dementsprechend stärker ausgeprägt. Die heutige ART ist ebenfalls noch nicht in der Lage, den Körper virenfrei zu machen; sie muss daher lebenslang eingenommen werden. Eine Heilung ist also noch nicht möglich – die HIV-Infektion bleibt eine chronische Erkrankung, die allerdings bei den meisten Infizierten gut behandelbar ist.
Der Nutzen der ART
Bei den meisten HIV-Positiven ist die antiretrovirale Behandlung erfolgreich, bei manchen bereits seit über fünfzehn Jahren. Es gibt aber auch Menschen, die nicht in gleichem Maße oder überhaupt nicht von der Therapie profitieren können – was für andere Medikamente gilt, gilt auch für die gegen HIV gerichteten Substanzen: Sie wirken nicht bei allen Menschen gleich gut. In der Regel aber stellen sich folgende positive Wirkungen ein:
Die HIV-Erkrankung schreitet nicht weiter fort
Bei Menschen, die noch keine HIV-bedingten Symptome haben, kann eine ART das Fortschreiten der Krankheit verhindern. Sind bereits Symptome aufgetreten, verbessern sie sich unter der Therapie wesentlich oder verschwinden vollständig. Drastisch reduziert wird außerdem das Risiko für weitere HIVbedingte Symptome und Krankheiten (wie opportunistische Infektionen) sowie – bei frühzeitigem Therapiebeginn, d. h. bei mehr als 350 CD4-Zellen/μl – für Herz-Kreislauf-Erkrankungen oder bestimmte Krebsarten.
Die Viruslast sinkt
In den ersten 14 Tagen nach Beginn einer Kombinationstherapie fällt die Viruslast im Blut sehr stark, und zwar um mehrere zehn- oder hunderttausend Viruskopien/ml. Danach sinkt sie ständig weiter, allerdings nicht mehr ganz so schnell. Normalerweise dauert es bis zu drei Monate, bei sehr hoher Viruslast und/oder sehr niedrigen Helferzellzahlen vor Therapiebeginn auch einmal sechs Monate, bis die Viruslast unter die Nachweisgrenze sinkt. Ebenfalls einige Monate nach Beginn einer erfolgreichen ART gleicht sich im Allgemeinen zudem auch die Viruslast in den genitalen/rektalen Sekreten an die Viruslast im Blut an.
Die Zahl der Helferzellen (CD4-Zellzahl) steigt
In den ersten Monaten nach Beginn einer Kombinationstherapie steigt die absolute Zahl der Helferzellen stark an, danach langsamer (das gilt auch für die relative Helferzellzahl, die aber insgesamt langsamer reagiert). Die CD4-Werte pendeln sich dann – nach mehreren Jahren Therapie – auf einem relativ hohen bis normalen Niveau ein. (Wird die Therapie rechtzeitig begonnen, erreicht die CD4-Zellzahl eher ein normales Niveau, wird bei sehr niedrigen Werten begonnen, steigt sie zwar auch stetig an, erreicht aber meist kein normal hohes Niveau mehr.) Fällt die Zahl der Helferzellen während der Therapie wieder ab, kann das darauf hinweisen, dass die Wirkung der Medikamente nachlässt. Aber auch Infektionen und manchmal auch Schutzimpfungen können die absoluten CD4- Werte kurzzeitig verändern, während die relative Helferzellzahl ( 49) nicht so starken Schwankungen unterliegt.
Die Lebensqualität steigt
Die meisten Patient(inn)en haben einige Wochen nach Beginn einer ART mehr Energie und fühlen sich besser als vorher. Die Müdigkeit lässt nach, und viele haben auch wieder mehr Spaß am Sex. Das Wissen, dass das Ansteckungsrisiko für andere bei nicht nachweisbarer Viruslast stark reduziert ist, kann entlastend wirken.
Die Lebenserwartung erhöht sich
Eine erfolgreiche Kombinationstherapie wirkt sich günstig auf die Gesundheit von Menschen mit HIV und Aids aus und senkt die Sterblichkeit. Mittlerweile gehen HIV-Spezialist(inn)en davon aus, dass die Lebenserwartung erfolgreich therapierter HIV-Positiver mit der von Diabetiker(inne)n vergleichbar, das heißt im Vergleich zur Allgemeinbevölkerung um etwa 10 Jahre verkürzt ist. Allerdings handelt es sich bei der Berechnung der Lebenserwartung um mathematische Modelle. In der Realität beträgt der Beobachtungszeitraum derzeit erst etwa 15 Jahre (die ART wurde Mitte der 1990er Jahre auf breiter Basis eingeführt), und diese Erfahrungen lassen noch keine sicheren Aussagen darüber zu, was nach 30, 40 oder mehr Jahren Infektion und Therapie passiert.
Funktionsweise der ART
Um zu verstehen, wie eine antiretrovirale Therapie (ART) wirkt, braucht man ein Grundverständnis von den Abläufen der HIV-Vermehrung im Körper. Wie alle Viren benötigt HIV Körperzellen, um sich zu vermehren. HIV okkupiert diese „Wirtszellen“ und funktioniert sie zu kleinen Virenfabriken um.
Zu den bevorzugten Zielzellen von HIV gehören leider die CD4-Helferzellen (auch T4-Lymphozyten oder T-Helferzellen genannt), die im Immunsystem eine wichtige Leitungsfunktion haben. CD4 ist die Bezeichnung eines Rezeptors, einer Art Anschlussstelle, auf der Zelloberfläche, die das Virus benötigt, um eine Verbindung einzugehen.
Ähnlich wie ein Schiff im Hafen dockt HIV an die Wirtszelle an und „vertäut“ sich dort. Dafür benötigt es noch einen weiteren Rezeptor (Korezeptor). Dann dringt das Virus in die Zelle ein und bereitet sich darauf vor, sein Erbmaterial zu installieren.
Dafür muss es die Form seines Erbguts der Zelle anpassen. Das menschliche Erbgut, ist bekanntlich in der DNA gespeichert, einer Substanz mit der Form einer doppelten Spirale. HIV kann da nicht mithalten, es verfügt nur über eine einfache Spirale, eine RNA. Die Umwandlung des viralen Erbguts ins passende Format steuert ein Enzym (Eiweiß) namens Reverse Transkriptase. Anschließend baut HIV sein Erbgut mithilfe des Enzyms Integrase in den Zellkern ein.
Der natürliche Vermehrungsmechanismus der Zelle produziert nun neue Virenbestandteile. Mit dem Enzym Protease werden sie zurechtgeschnitten und montiert. Am Ende verlassen fertige neue HI-Viren die gekaperte Immunzelle.
An jedem der genannten Punkte im Vermehrungsprozess von HIV können antiretrovirale Medikamente ansetzen. Entry-Inhibitoren („Eintrittshemmer“) verhindern das Andocken des Virus an die Zelle, indem sie einen Korezeptor auf der Zelloberfläche künstlich besetzen, so dass HIV nicht mehr andocken kann. Hemmer der Reversen Transkriptase blockieren das Enzym, das die Anpassung des viralen Erbmaterials besorgt. Integrase-Hemmer vereiteln den Einbau in den Zellkern. Und Protease-Hemmer schließlich stören die „Endfertigung“ neuer Viren.
Bei einer ART werden prinzipiell mehrere Medikamente kombiniert. Ansonsten würden Resistenzbildungen drohen. Denn HIV findet immer wieder Schlupflöcher, um ein Medikament zu umgehen. Das ist möglich, weil das Virus sich sehr häufig fehlerhaft reproduziert. Dabei landet es Glückstreffer: Ab und zu entstehen Varianten, die ein kleines bisschen anders funktionieren als die anderen und so einem Medikament ein Schnippchen schlagen können. Ist das gelungen, kann eine solche Virusvariante sich immer weiter vermehren, bis sie schließlich die Mehrheit der Viren im Körper stellt. Doch dieses Problem lässt sich verhindern, wenn sich mehrere Wirstoffe im Blut befinden: Wo der eine nicht greift, funktioniert der andere. Neue HIV-Varianten kommen nicht durch.
Wann sollte mit einer ART begonnen werden?
Die Frage, was der richtige Zeitpunkt zur Einleitung einer antiretroviralen Therapie ist, ist nicht unumstritten. Die Empfehlungen verschiedener nationaler und internationaler Expertengremien fallen im Detail zum Teil unterschiedlich aus und verändern sich im Laufe der Jahre durch jeweils neue wissenschaftliche Erkenntnisse.
Nachdem hochaktive antiretrovirale Kombinationstherapien überhaupt erstmals verfügbar geworden waren, verfolgte man zunächst die Strategie ‚hit hard and early’, das heißt ‚früh und kräftig zuschlagen’. Man wollte den Verfall des Immunsystems möglichst frühzeitig verhüten. Relativ bald wurden aber die Probleme dieser hochaktiven antiretroviralen Therapie (HAART) deutlich: große Pillenzahlen, komplizierte Einnahmevorschriften und eine häufig schlechte Verträglichkeit. Hinweise auf mögliche Langzeitnebenwirkungen, das heißt, Nebenwirkungen, die erst nach Jahren der Behandlung Probleme bereiten könnten, ließen Bedenken hinsichtlich einer mitunter jahrzehntelangen Medikamenteneinnahme aufkommen. Relativ rasch wurde auch das Problem der Resistenzbildung mit Therapieversagen deutlich. In der Folge wurde deshalb der Therapiebeginn eher hinausgezögert, zumal im natürlichen Krankheitsverlauf das Risiko, wirklich krank zu werden, im Allgemeinen erst bei fortgeschrittenem Helferzellverlust ansteigt.
Mittlerweile wird wieder eher ein früherer Therapiebeginn befürwortet. Denn es wurde beobachtet, dass Komplikationen durch die HIV-Infektion, aber auch nicht HIV-bedingte Komplikationen seltener auftreten, wenn eine HIV-Therapie noch bei höheren Helferzellen begonnen wurde.
Eine eindeutige und dringende Empfehlung zur Einleitung einer antiretroviralen Therapie wird gegeben, wenn Beschwerden einer fortgeschrittenen HIV-Infektion oder opportunistische Erkrankungen bestehen, das heißt, die HIV-Infektion symptomatisch geworden ist. Bei PatientInnen ohne Krankheitssymptome richten sich die Empfehlungen nach der Schwere des Immundefektes bzw. nach der Aktivität der HIV-Vermehrung.
In jedem Falle besteht die Empfehlung zur antiretroviralen Therapie, wenn die Helferzellzahl unter 200/µl liegt, weil dann das Risiko für opportunistische Erkrankungen unmittelbar sehr hoch ist.
Liegt die Helferzellzahl zwischen 200 und 350/µl wird ebenfalls in der Regel eine antiretrovirale Therapie empfohlen, und zwar umso eindeutiger, je höher die Viruslast ist.
Bei einer Helferzellzahl über 350/µl wird eine antiretrovirale Therapie vor allem dann empfohlen, wenn die Viruslast sehr hoch ist, das heißt, über 50.000-100.000 Kopien/ml liegt. Bei eher niedriger Viruslast (unter 50.000 Kopien/ml) empfehlen die Experten eher Zurückhaltung.
Eine Therapieentscheidung sollte bei grenzwertigen Befunden nicht von einer Messung allein abhängig gemacht werden. Stattdessen sollte die Entwicklung beobachtet werden. Tendenziell fallende Helferzellen- oder anhaltend hohe Viruslastwerte würden dann eher für die Einleitung einer Therapie sprechen.
Es gibt Überlegungen, auch dann eine antiretrovirale Therapie zu empfehlen, wenn eine HIV-Infektion kurz nach der Ansteckung, also in der akuten Infektion entdeckt wird. In dieser Phase baut das Immunsystem nämlich zunächst eine breite Gegenwehr gegen das Virus auf. Mit der Zeit zerstört das Virus dann jedoch nach und nach diese Immunabwehr. Es gibt Hinweise darauf, dass die Unterdrückung der Virusvermehrung durch eine antiretrovirale Therapie in dieser akuten Phase verhindern kann, dass die Gegenwehr abbröckelt. Ob eine solche frühe Therapie langfristigen Nutzen für die Betroffenen bringt und wie die frühe Therapie optimal gestaltet werden sollte, ist jedoch noch nicht gesichert. Deshalb sollte die Behandlung der akuten HIV-Infektion möglichst im Rahmen von Studien erfolgen.
Was bedeutet Compliance?
Compliance (engl.) spielt für die HIV-Therapie seit der Verfügbarkeit der neuen Kombinationstherapien eine besondere Rolle. Der Begriff Compliance (manche benutzen auch den Begriff „Adhärenz“) bezeichnet in der Medizin die Einhaltung von Therapiezielen, die gemeinsam von Patient und Arzt erstellt werden. Insbesondere chronische Erkrankungen mit komplizierten Therapieplänen wie die HIV-Infektion, erfordern eine aktive und lang anhaltende Beteiligung der Patienten bei der Therapieplanung und der Behandlungsdurchführung. Compliance bedeutet jedoch nicht nur, dass man als Patient den ärztlichen Anweisungen Folge leistet, sondern kann als gelungene Kooperation zwischen Arzt und Patient interpretiert werden. Sie beruht auf einer vertrauensvollen Beziehung und schließt eine eigenverantwortliche und aktive Beteiligung der Patienten bei der Planung und Durchführung der Behandlung ein. Compliance steht also für die Fähigkeit und Bereitschaft als Patient aktiv bei der Behandlung mitzumachen.
Wie genau muss ich mich an die Einnahmevorschriften halten?
Eine wichtige Voraussetzung für das dauerhafte Funktionieren der antiretroviralen Therapie: Die eingesetzten Medikamente müssen in ausreichender Menge im Blut vorhanden sein, damit die Virusvermehrung möglichst vollständig unterdrückt wird. Wenn eine Dosis nicht eingenommen wurde, fällt der Wirkstoffspiegel im Blut ab und die Viren können sich vermehren.
Es lässt sich nicht ganz genau sagen, wie viel Einnahmefehler unproblematisch sind, da dies von verschiedenen Faktoren abhängt. Einige Studien haben bewiesen, dass eine sehr hohe Compliance die wichtigste Voraussetzung für eine dauerhaft erfolgreiche Behandlung ist. Hohe Compliance bedeutet, dass die Medikamente auf Dauer regelmäßig und vollständig eingenommen werden, also:
Eine der wichtigsten Studien zu HIV und Compliance hat gezeigt, dass die Compliance über 95 % liegen sollte (über 95% aller verordneten Medikamente müssen korrekt eingenommen werden), damit die Behandlung langfristig erfolgreich ist. Bei einer Therapie, die zweimal täglich eingenommen wird, bedeutet dies, dass man höchstens drei Einnahmen pro Monat vergessen bzw. falsch einnehmen darf und bei einer einmal täglich eingenommen Therapie („Once Daily“) sogar nur einmal pro Monat.
Die Wahrscheinlichkeit, dass die Therapie erfolgreich ist (Viruslast unter der Nachweisgrenze), fällt schon erheblich ab, wenn die Compliance unter 95% liegt. Dieses sehr hohe Ausmaß an Compliance ist nicht leicht zu erreichen.
Inzwischen ist bekannt, dass es Kombinationstherapien gibt, die mehr oder weniger stark auf Compliance-Schwankungen reagieren. Man spricht allgemein von mehr oder weniger „verzeihenden“ Therapien. Welche Therapie individuell am besten geeignet ist, muss jeder gemeinsam mit dem Arzt besprechen. Bei der Vorbereitung der Kombinationstherapie ist es daher sehr wichtig, mit seinem Behandler zu besprechen, für welchen „Compliance-Typ“ man sich selbst hält.
Wie verhält es sich mit Therapiepausen?
Unter Therapiepausen versteht man in der Regel ein vorübergehendes Absetzen der antiretroviralen Therapie. Sie werden aus unterschiedlichen Gründen durchgeführt. Zum Beispiel von Patientinnen und Patienten selbst, weil sie ihrer Medikamente einfach überdrüssig sind und nach Monaten und Jahren der Therapie einfach mal nicht an die Medikamente denken wollen. Manchmal zwingen schwere Unverträglichkeitsreaktionen auf die Medikamente oder andere Erkrankungen dazu, die Therapie auszusetzen.
Therapiepausen gehen immer mit dem Risiko für Resistenzbildung einher, da das Absetzen der Medikamente zu einem Wiederanstieg der Viruslast führt und gleichzeitig vorübergehend unzureichende Medikamentenspiegel bestehen. Besonders groß erscheint diese Gefahr bei wiederholtem unkontrolliertem An- und Absetzen. Außerdem bergen Therapieunterbrechungen das Risiko, dass sich das Immunsystem verschlechtert und Krankheitssymptome zum Ausbruch kommen.
Jede Therapieunterbrechung sollte wohl überlegt sein und unbedingt mit dem behandelnden Arzt abgesprochen werden. Die unbehandelte HIV-Infektion verläuft tödlich und Medikamente können diesen Verlauf verhindern.
Was, wenn die Therapie "versagt"?
Ein Therapieversagen liegt vor, wenn die antiretroviralen Medikamente die Virusvermehrung nicht mehr unterdrücken können. Die Viruslast steigt dann wieder an und in der Folge wird sich auch die Anzahl der Helferzellen wieder vermindern. Ein Therapieversagen kann viele Gründe haben.
Die Medikamente müssen in ausreichender Menge im Blut vorhanden sein, damit sie die Virusvermehrung vollständig unterdrücken können. Hierfür ist in erster Linie die richtige und regelmäßige Einnahme entscheidend. Andere Medikamente können die Aufnahme und den Abbau der HIV-Medikamente beeinflussen, so dass die eingenommene Menge unter Umständen nicht ausreicht, um vollständig wirksam zu sein. Eine unter Medikamenten fortlaufende Virusvermehrung führt zur Entstehung von Resistenzen. Bei einem Therapieversagen müssen diese Möglichkeiten bedacht und gegebenenfalls überprüft werden.
Eine Resistenztestung ist prinzipiell bei jedem Therapieversagen angezeigt. Sie dient dazu, festzustellen, ob eine Resistenzbildung dem Therapieversagen zugrunde liegt. Andererseits ist sie notwendig, um eine möglichst wirksame Folgetherapie zu planen.
Ziel ist, die Virusvermehrung möglichst wieder vollständig zu unterdrücken und das Immunsystem dadurch zu schützen. Besteht einfach ein Problem mit der regelmäßigen Einnahme, sollte mit dem Arzt überlegt werden, ob die Therapie vereinfacht werden kann, z.B. durch eine Verminderung der Pillenzahl, durch ein Auswechseln von Medikamenten, die nicht gut vertragen werden, oder durch andere Einnahmezeitpunkte.
Wann sollte eine Resistenztestung bei einem Therapieversagen durchgeführt werden? Sind Resistenzen der Grund für das Therapieversagen, muss die Therapie umgestellt werden. Es sollten Medikamente ausgewählt werden, die trotz der Resistenzbildung das Virus noch unterdrücken können. Dabei richtet man sich, wenn möglich, nach den Befunden der Resistenztestung sowie nach den bisher verwendeten Medikamenten.
Was kommt nach einem Therapieversagen? Die neue Therapie nach einem Therapieversagen durch Resistenzbildung ist nur dann stark und dauerhaft genug, wenn sie mindestens zwei wirksame Medikamente, man sagt auch zwei „aktive Substanzen“, enthält. Die Virusunterdrückung gelingt also nur dann gut, wenn der Druck von zwei Seiten kommt. Andernfalls weicht das Virus dem einseitigen Druck durch erneute Resistenzentwicklung aus.
Wirkungen und Nebenwirkungen von NRTI
NRTI (Nukleosidale reverse Transkriptase-Inhibitoren) bilden heute weiterhin die Basis der antiretroviralen Therapie. In der Regel werden zwei Substanzen dieser Medikamentenklasse mit einem NNRTI oder einem PI kombiniert.
Neben jeweils substanzspezifischen Nebenwirkungen ist den NRTI im Wesentlichen eine Eigenschaft gemein. Wie beschrieben, wirken sie als falsche DNA-Bausteine hemmend auf die reverse Transkriptase des Virus. Jedoch ist diese Wirkung nicht ganz ausschließlich gegen das Virus-Enzym gerichtet. NRTI hemmen auch jeweils unterschiedlich stark die γ-Polymerase (sprich: Gamma-Polymerase) der sogenannten Mitochondrien in Körperzellen. Die Mitochondrien stellen die Energie für den Stoffwechsel, das Wachstum und die Vermehrung der Körperzellen her, sie werden deshalb auch als die ‚Kraftwerke’ der Zellen bezeichnet. Zu diesem Zweck sind die Mitochondrien mit komplizierten, miteinander verketteten Enzymen ausgestattet. Mitochondrien haben ein eigenes, von der Zelle, für die sie arbeiten, unabhängiges Erbgut, die mitochondriale DNA. Die mitochondriale DNA enthält die Information für die Enzyme zur Energiegewinnung in den Mitochondrien. Die Übertragung dieser Information in die Baupläne für die Enzyme übernimmt die γ-Polymerase.
NRTI hemmen nun nicht ausschließlich die reverse Transkriptase in der Umwandlung von Virus-RNA in -DNA, sondern sie hemmen auch ebendiese γ-Polymerase beim Erstellen der Enzym-Baupläne. Mit der Zeit entsteht so ein Mangel an diesen wichtigen Enzymen und die Mitochondrien können die Energie für die Zelle nicht mehr nachliefern. Die Zellen funktionieren schlechter und sterben schließlich ab. Das führt z.B. zum Schwund und zur Umverteilung von Fettgewebe unter der Haut (Lipoatrophie), zu Störungen an Nerven- und Muskelgewebe (Neuropathie bzw. Myopathie) sowie der Leberfunktion.
Und weil Mitochondrien die Energie z.T. aus Laktat gewinnen, staut sich dieses bei einer Störung der Mitochondrien im Körper an. Das Laktat wird ersatzweise anders abgebaut, wobei Säure entsteht. Das kann dazu führen, dass der Körper ‚übersäuert’, was zu neuen Schäden an den Organen führen kann. Diese Störung der Mitochondrienfunktion wird auch mitochondriale Toxizität genannt.
Die verschiedenen NRTI hemmen die gamma Polymerase dabei unterschiedlich stark und offenbar auch unterschiedlich stark in verschiedenen Körperzellen.
Retrovir (Azidothymidin, AZT)
AZT war das erste zugelassene antiretrovirale Medikament. Retrovir ist eines der Medikamente, das auch im Gehirn wirken kann, da es die Grenze zwischen Blut und Gehirngewebe, die sogenannte Blut-Hirn-Schranke überwinden kann. Retrovir verursacht häufig Übelkeit, die jedoch meist in den ersten Behandlungswochen nachlässt. Des Weiteren kann Retrovir eine Anämie verursachen. Das ist ein Mangel an rotem Blutfarbstoff, dem Hämoglobin, durch Hemmung der Blutbildung im Knochenmark. Dieser macht sich bemerkbar durch Schwäche, Müdigkeit, Blässe der Haut und Kurzatmigkeit. Regelmäßige Blutbildkontrollen sind deshalb wichtig.
Seltener kommt es auch zu einem Mangel an weißen Blutkörperchen (Leukozyten) und Blutplättchen (Thrombozyten). Ein Mangel an Leukozyten führt zu einer vermehrten Anfälligkeit gegenüber Infekten, ein Mangel an Thrombozyten, wenn er ausgeprägt ist, erhöht die Blutungsneigung. Retrovir verursacht eher eine mäßiggradige mitochondriale Toxizität, die sich typischerweise auf die Muskulatur auswirkt. In der Regel nach längerer Anwendung kann es zu einer Schwäche der Muskulatur z.T. mit muskelkaterartigen Beschwerden kommen.
Die übliche Retrovir-Dosis beträgt 250 mg morgens und abends (1 – 0 – 1). Entsprechende Kapseln stehen zur Verfügung. Retrovir ist mit je 300mg in den Kombinationstabletten Combivir und Trizivir enthalten.
Videx (Didanosin, DDI)
Videx ist ebenfalls ein seit Jahren in der HIV-Therapie bewährter NRTI. Videx muss in den meisten Kombinationen nur einmal täglich mit einer Kapsel à 400 mg (1 – 0 – 0) und nüchtern eingenommen werden, um eine möglichst gute Aufnahme aus dem Darm zu gewährleisten.
Videx hat eine relativ ausgeprägte mitochondriale Toxizität, die sich hier typischerweise im Sinne einer Neuropathie zeigt. In der Regel nach längerer Anwendung kann es zu Kribbelgefühlen und Taubheit oder auch einer verstärkten Schmerzempfindlichkeit im Bereich von Füßen und Händen kommen.
Außerdem kann Videx eine Entzündung der Bauchspeicheldrüse, eine Pankreatitis, verursachen. Eine Pankreatitis macht sich fast immer durch bohrende Schmerzen im Oberbauch, die sich gürtelförmig bis in den Rücken ziehen können, bemerkbar. Häufig sind die Schmerzen von Übelkeit, Erbrechen und Veränderungen des Stuhlgangs begleitet.
Andere Medikamente, wie der NtRTI Viread und das zur Hepatitis C-Therapie eingesetzte Ribavirin, führen zu erhöhten Wirkspiegeln von Videx, wodurch sich das Risiko für Nebenwirkungen erhöht. Die Kombination mit Ribavirin sollte deshalb vermieden werden. Bei gemeinsamer Anwendung mit Viread muss die übliche Videx-Dosis von 400 mg täglich auf 250 mg täglich reduziert werden.
Epivir (Lamivudin, 3TC)
Epivir hat im Allgemeinen eher wenige Nebenwirkungen. Gelegentlich treten Kopfschmerzen und Blähungen am Anfang der Therapie auf. Epivir kann zweimal täglich mit je 150 mg (1 – 0 – 1) oder einmal täglich mit 300 mg (1 – 0 – 0) eingenommen werden. Epivir ist in den Kombinationstabletten Combivir, Kivexa und Trizivir enthalten. Epivir wirkt auch gegen das Hepatitis B-Virus (HBV) und bietet sich deshalb zur Behandlung der Koinfektion von HIV mit HBV an.
Zerit (Stavudin, d4T)
Zerit birgt ähnlich wie Videx ein eher hohes Risiko für mitochondriale Toxizität. Es scheint relativ häufig im Zusammenhang mit Lipodystrophie zu stehen. Typisch ist auch die Auswirkung auf das Nervengewebe im Sinne einer Neuropathie. Üblicherweise wird Zerit morgens und abends in Form einer Kapsel eingenommen (1 – 0 – 1). Zerit muss an das Körpergewicht angepasst werden, Menschen mit über 70 kg erhalten üblicherweise 40 mg morgens und abends, Menschen unter 70 kg nur 30 mg morgens und abends. Zerit überwindet die Blut-Hirn-Schranke.
Ziagen (Abacavir, ABC)
Ziagen kann aufgrund seiner etwas anderen chemischen Struktur unter Umständen noch wirken, wenn Resistenz gegen andere NRTI besteht, ist aber auch für die erste Behandlung zugelassen. Ziagen überwindet die Blut-Hirn-Schranke.
Ziagen kann mit 300 mg zweimal täglich (1 – 0 – 1) oder mit 600 mg einmal täglich eingenommen werden. Ziagen ist in den Kombinationstabletten Kivexa und Trizivir enthalten. Es ist im Allgemeinen gut verträglich. Etwa 4 % der Behandelten entwickeln jedoch eine sogenannte Überempfindlichkeitsreaktion. Das ist eine Art Allergie, die sich mit Krankheitsgefühl, Temperaturerhöhungen, grippeartigen Gliederschmerzen, Kopfschmerzen, Husten, Kurzatmigkeit, Übelkeit, Durchfall und Erbrechen sowie einem fleckigen Hautausschlag meist zwischen zehn Tagen und drei Wochen nach Behandlungsbeginn bemerkbar macht. Die Therapie mit Ziagen muss dann abgesetzt werden, weil es sonst zu sehr schweren, auch tödlichen Verläufen kommen kann. Ist es einmal zu einer Überempfindlichkeitsreaktion gekommen, darf Ziagen niemals wieder eingenommen werden, weil es dann sehr rasch zu schweren Reaktionen kommen kann. Die Überempfindlichkeit gegen Ziagen ist genetisch bedingt. Durch einen Bluttest, der diese genetische Eigenschaft nachweist, kann vor einem Therapiebeginn untersucht werden, ob ein Risiko für eine Überempfindlichkeitsreaktion besteht.
Emtriva (Emtricitabin, FTC)
Emtriva ist chemisch sehr eng verwandt mit Epivir. Es wird nur einmal täglich als Kapsel eingenommen (1 – 0 – 0). Auch Emtriva wirkt gegen Hepatitis B. Emtriva ist in Kombination mit dem NtRTI Viread in Truvada enthalten, das ebenfalls nur einmal täglich als Tablette eingenommen werden muss. Gemeinsam mit Viread und Sustiva ist Emtriva auch in Atripla enthalten, das seit Januar 2008 in Deutschland zugelassen ist.
Wirkungen und Nedenwirkungen von NtRTI
NtRTI (Nukleotidische reverse Transkriptase-Inhibitoren)
Viread (Tenofovir, TDF)
Viread ist vielfach noch bei Resistenzen gegen NRTI wirksam, aber auch in der ersten antiretroviralen Kombinationstherapie zugelassen. Viread wird nur einmal täglich als Tablette à 245 mg eingenommen (1 – 0 – 0), möglichst zu einer Mahlzeit, da das die Aufnahme verbessert.
Als NtRTI hemmt Viread die γ-Polymerase nicht, so dass es keine mitochondriale Toxizität bewirkt. Es kann deshalb bei entsprechenden Problemen mit NRTI als Ersatz dienen. Bei einer Vorschädigung der Nieren kann Viread die Nierenfunktion weiter verschlechtern. Zu beachten ist, dass Viread zum Teil wesentliche Wechselwirkungen mit anderen HIV-Medikamenten aufweist, so dass der Arzt gegebenenfalls die Dosierung dieser Medikamente anpassen muss. Für Viread konnte eine gute Wirksamkeit gegen die Hepatitis B gezeigt werden.
NRTI- bzw. NtRTI-Kombinationspräparate ermöglichen Pillen einzusparen. Sie können alle Nebenwirkungen der einzelnen Substanzen aufweisen. Es gibt derzeit vier Präparate:
Wirkungen und Nebenwirkungen von NNRTI
NNRTI (Nicht-nukleosidale reverse Transkriptase-Inhibitoren) bilden einen wichtigen Baustein in der antiretroviralen Therapie. Sie sind aufgrund einer geringen Pillenzahl und relativ bequemer Einnahmevorschriften verhältnismäßig einfach anzuwenden. Sie erreichen vergleichsweise lang anhaltend hohe Wirkspiegel, so dass sie keiner Boosterung bedürfen. Typische Nebenwirkungen der Wirkstoffklasse sind allergische Hautausschläge sowie Erhöhungen der Leberwerte.
NNRTI sind relativ anfällig für eine Resistenzbildung . Eine einzelne Veränderung im Viruserbgut kann den NNRTI-Angriffspunkt so verändern, dass es zu einer Resistenz gegen alle NNRTI kommt. Stabile Wirkspiegel durch regelmäßige Einnahme und gut wirksame Kombinationspartner sind bei der Therapie mit NNRTI deshalb sehr wichtig.
Sustiva (Efavirenz, EFV)
Sustiva wird für eine erste antiretrovirale Kombinationstherapie empfohlen. Sustiva wird nur langsam im Körper abgebaut, so dass eine einmal tägliche Einnahme von 600 mg ausreicht (0 – 0 – 1). Sustiva verursacht Nebenwirkungen am zentralen Nervensystem (ZNS) im Sinne von Schwindel, Konzentrations- und Koordinationsstörungen, lebhaften Träumen bis hin zu Albträumen. Diese Nebenwirkungen sind sehr unterschiedlich ausgeprägt und werden sehr unterschiedlich erlebt. Es wird prinzipiell empfohlen, die Tagesdosis vor dem Schlafengehen einzunehmen, da man dann viel von den Nebenwirkungen sozusagen überschläft. Für gewöhnlich lassen diese Nebenwirkungen nach den ersten 14 Tagen der Behandlung nach. Sehr selten treten Psychosen und schwere Depressionen, manchmal auch schon früh, in der Behandlung auf. Es hat einige Selbstmordversuche in diesem Zusammenhang gegeben. Es scheint deshalb Vorsicht geboten, wenn jemand bereits Probleme mit Psychosen, Ängsten oder Depressionen hatte.
Sustiva kann außerdem eine Allergie mit einem rot-fleckigen Hautausschlag verursachen. Nicht immer muss Sustiva deswegen abgesetzt werden, sondern eine antiallergische Therapie kann helfen, die Allergie trotz fortgesetzter Einnahme abklingen zu lassen.
Selten tritt eine schwerere Leberschädigung unter Sustiva auf. Bei ausgeprägten Nebenwirkungen von Sustiva lohnt es sich, die Medikamentenspiegel im Blut zu messen. Bei sehr hohen Spiegeln kann eine Dosisreduktion zu einer Besserung der Beschwerden führen.
Viramune (Nevirapin, NVP)
Viramune ist der erste zugelassene NNRTI. Die übliche Dosierung von Viramune beträgt zweimal täglich 200 mg (1 – 0 – 1). Auch eine einmal tägliche Einnahme von 400 mg (2 – 0 – 0) scheint wirksam und sicher zu sein. Derzeit wird deshalb an einer Pille mit 400 mg Wirkstoff gearbeitet.
Viramune weist keine ZNS-Nebenwirkungen auf. Es führt etwas häufiger zu allergischen Hautausschlägen. Auch Leberwertveränderungen bis hin zu schweren Leberschädigungen treten häufiger auf. Bei Menschen mit bereits bestehenden schwereren Leberschäden, z.B. durch eine chronische Hepatitis, muss der Einsatz von Viramune deshalb engmaschig überwacht werden. Das Risiko für Unverträglichkeitsreaktionen erscheint auch erhöht, wenn die Behandlung bei höheren Helferzellzahlen begonnen wird (insbesondere bei Frauen). Seitdem dies bekannt geworden ist, soll Viramune nicht bei Frauen mit mehr als 250 Helferzellen bzw. Männern mit mehr als 450 Helferzellen eingesetzt werden. Da sich der Abbau von Viramune im Verlauf der ersten Wochen der Therapie langsam selbst ankurbelt, wird auch zur Verringerung des Risikos für allergische Reaktionen zunächst mit einmal 200 mg pro Tag begonnen und erst nach zwei Wochen auf 400 mg täglich erhöht.
Rescriptor (Delavirdin, DLV)
Rescriptor wird in Deutschland nur sehr selten eingesetzt, da es gegenüber den beiden anderen verfügbaren NNRTI keine wesentlichen Vorteile bietet. Es ist zudem in Deutschland nicht zugelassen. Rescriptor muss dreimal täglich mit je 2 Tabletten à 200 mg eingenommen werden (2 – 2 – 2). Rescriptor kann zu schweren Hautreaktionen führen.
NRTI und NNRTI Kombinationspräparat
Sustiva ist in dem Kombinationspräparat Atripla enthalten. Atripla enthält außerdem den NRTI Emtriva und den NtRTI Viread, so dass mit einer Tablette einmal täglich eine komplette Kombinationstherapie durchgeführt werden kann.
Wirkungen und Nebenwirkungen von Protease-Inhibitoren (PI)
PI (Protease-Inhibitoren) sind eine bedeutende Säule der antiretroviralen Therapie. Ihre hohe antiretrovirale Wirksamkeit vor allem in fortgeschrittenen Krankheitsstadien mit sehr niedriger Helferzellzahl und bei sehr hoher Viruslast ist unbestritten.
PI wurden zunächst als hauptsächliche Verursacher des Lipodystrophie-Syndroms angesehen . Das hat sich im Verlauf wissenschaftlicher Untersuchungen aber relativiert. Fest steht, dass PI (manche mehr, andere weniger) Auswirkungen auf den Stoffwechsel, vor allem den Fett- und Zuckerstoffwechsel haben. Schon relativ bald nach Therapiebeginn ist bei vielen Patient/innen eine Erhöhung der Blutfettwerte, vor allem von Triglyceriden und etwas geringer auch Cholesterin zu beobachten. Es ist bekannt, dass langfristig erhöhte Blutfette, v.a. das Cholesterin, das Risiko für Herz-Kreislauferkrankungen wie Herzinfarkt und Schlaganfall erhöhen. In manchen Studien konnte tatsächlich ein Zusammenhang zwischen der Dauer der Behandlung mit PI und Herz-Kreislauferkrankungen beobachtet werden. Eine wesentlich Rolle scheinen dabei jedoch auch andere gleichzeitig bestehende Risikofaktoren wie u.a. das Rauchen und die ‚Zuckerkrankheit’ (Diabetes mellitus) zu spielen.
Bei Patientinnen und Patienten mit generell erhöhtem Risiko für Herz-Kreislauferkrankungen ergeben sich heute verschiedene Möglichkeiten. Der Einsatz eines PI könnte vermieden (z.B. NNRTI statt PI) oder ein solcher PI gewählt werden, der möglichst wenig Stoffwechselveränderungen verursacht. Des Weiteren wird bei deutlichen Blutfetterhöhungen unter einer PI-Therapie eine fettsenkende Behandlung empfohlen. Bei einigen Behandelten kommt es unter PI auch zu einer Zuckerstoffwechselstörung bis hin zu einem Diabetes mellitus, weshalb die Blutzuckerwerte regelmäßig, möglichst nüchtern kontrolliert werden müssen.
Invirase (Saquinavir hardgel, SQV hg)
Invirase war einer der ersten in Deutschland verfügbaren PI. Invirase allein erreicht nur sehr unzuverlässige Wirkspiegel, so dass es heute immer mit Norvir kombiniert werden sollte. Um die Einnahme zu vereinfachen, wurde mittlerweile eine 500-mg-Tablette entwickelt, so dass die übliche Dosierung heute mit zwei Tabletten à 500 mg morgens und abends mit je einer Kapsel Norvir (2/1 – 0 – 2/1) beträgt. Magen-Darm-Beschwerden, wie Übelkeit, Blähungen und Durchfälle, sind die häufigsten Nebenwirkungen, bessern sich aber oft mit der Zeit von selbst.
Fortovase (Saquinavir softgel, SQV sg)
Fortovase war nach den schlechten Erfahrungen mit den Wirkspiegeln von Invirase, bevor die Boosterung eingeführt war, entwickelt wurden. Fortovase enthält denselben Wirkstoff anders verpackt, so dass die Aufnahme aus dem Darm verbessert ist. Fortovase wird in der Kombination mit Norvir mit zweimal fünf Kapseln plus je eine Norvir (5/1 – 0 – 5/1) eingenommen. Auch bei Fortovase stehen Magen-Darm-Probleme, wie Übelkeit, Bauchschmerzen, Völlegefühl und Durchfall, im Vordergrund. Da diese unter Invirase weniger ausgeprägt sind, wird heute wieder bevorzugt Invirase statt Fortovase eingesetzt.
Norvir (Ritonavir, RTV)
Norvir wird heute wegen der schlechten Verträglichkeit und der großen Pillenzahl nur noch selten als einzelner PI eingesetzt. Allein gegeben beträgt die Pillenzahl sechs morgens, sechs abends (6 – 0 – 6) und sollte mit einer Mahlzeit eingenommen werden. Norvir verursacht häufig Übelkeit und Durchfall. Typisch ist auch ein taubes Gefühl um den Mund. Sein Stellenwert besteht heute vor allem in der Boosterung anderer PI, wofür nur ein bis zwei Kapseln á 100mg benötigt werden.
Crixivan (Indinavir, IDV)
Crixivan muss ungeboostert dreimal täglich mit je zwei Kapseln à 400 mg streng nüchtern eingenommen werden (2 – 2 – 2). Trotzdem sind die Wirkspiegel damit häufig nicht ausreichend sicher. Durch die Kombination mit niedrig dosiertem Norvir (100 mg) werden sehr viel höhere Wirkspiegel erreicht. Dadurch kann die Einnahme von Crixivan auf zwei Kapseln morgens und abends reduziert werden (2/1 – 0 – 2/1) und muss nicht mehr nüchtern erfolgen. Während der Einnahme von Crixivan ist unbedingt auf eine ausreichende Trinkmenge (mindestens 1,5-2 Liter täglich) zu achten, da es sonst zur Bildung von Crixivankristallen in der Niere kommen kann, die zu Nierenkoliken und zu einer Einschränkung der Nierenleistung führen können. Crixivan verursacht außerdem bei einigen Behandelten Hautveränderungen, wie eine trockene Haut und trockene Lippen und einwachsende Zehen- oder Fingernägel. Diese Nebenwirkungen treten insbesondere bei hohen Crixivan-Wirkspiegeln, also z.B. bei der Boosterung mit Norvir, häufiger auf. In vielen Fällen kann wohl die Crixivandosis durch Überprüfung der Wirkspiegel auf 600 mg oder sogar 400 mg plus Norvir-Boosterung reduziert werden.
Viracept (Nelfinavir, NFV)
Viracept wurde 2007 in Deutschland vom Markt genommen, da es bei der hiesigen Produktion zu Verunreinigungen mit möglicherweise krebserzeugenden Stoffen gekommen war. Viracept unterliegt stark schwankenden Wirkspiegeln in Abhängigkeit von der Art der Einnahme. Es muss unbedingt mit einer leichten Mahlzeit eingenommen werden, sonst kann es aus dem Darm nicht ausreichend aufgenommen werden. Viracept kann dreimal täglich mit je drei Tabletten à 250 mg (3 – 3 – 3) oder zweimal täglich mit je fünf Tabletten (5 – 0 – 5) eingenommen werden.
Agenerase (Amprenavir, APV)
Agenerase ist eine Möglichkeit, wenn es unter anderen PI zu einem Therapieversagen gekommen ist, da es auch bei Resistenzen gegen andere PI noch wirksam sein kann. Früher war die Anwendung wegen einer hohen Pillenzahl problematisch. Um die Einnahme zu erleichtern, ist eine neue Form erarbeitet worden, das Fosamprenavir, das in Deutschland als Telzir zugelassen wurde.
Telzir (Fosamprenavir, FPV)
Telzir wird viel besser aus dem Darm aufgenommen und dann zum Wirkstoff Amprenavir umgewandelt. Die Pillenzahl konnte so erheblich reduziert werden: eine Tablette Fosamprenavir à 700 mg plus eine Kapsel Norvir jeweils morgens und abends. Typische Nebenwirkungen unter Agenerase/Telzir sind Übelkeit und Durchfall sowie ein allergischer Hautausschlag, der in der Regel nach 2-3 Wochen nach Therapiebeginn auftritt und selten schwer wird.
Kaletra (Lopinavir /Ritonavir, LPV/r)
Kaletra ist der erste PI, bei dem die Boosterung mit Norvir sozusagen bereits fest eingebaut ist. Neben dem Wirkstoff Lopinavir enthält es bereits eine kleine Menge Norvir. Die übliche Dosierung von Kaletra beträgt mittlerweile zwei Tabletten morgens und abends (2 – 0 – 2). Insbesondere wegen seiner stabil hohen Wirkspiegel hat Kaletra ein geringeres Risiko für eine Resistenzbildung. Deshalb wird es zur Erstbehandlung empfohlen. Kaletra ist vielfach aber auch noch wirksam, wenn bereits Resistenzen gegen andere PI vorliegen, da viele Veränderungen am Virus erforderlich sind, um es gegen Kaletra resistent werden zu lassen. Kaletra verursacht relativ häufig Übelkeit und Durchfall, die jedoch in der Regel nach wenigen Wochen deutlich nachlassen. Zu beachten ist, dass NNRTI bei gleichzeitiger Anwendung den Abbau von Kaletra beschleunigen, so dass die Kaletra-Dosis erhöht werden muss.
Reyataz (Atazanavir, ATV)
Reyataz ist in Deutschland seit 2004 zugelassen. Reyataz muss nur einmal täglich eingenommen werden. Es kann ungeboostert mit zwei Kapseln à 200 mg (2 – 0 – 0) oder in Kombination mit einer Kapsel Norvir mit zwei Kapseln à 150 mg (2/1 – 0 – 0) eingenommen werden. Durch die Boosterung findet man auch bei Reyataz stabilere Wirkspiegel. Reyataz ist in Deutschland bisher nur zur Therapie von vorbehandelten Patienten zugelassen, wirkt aber auch gut bei zuvor nicht behandelten. Mit einer Zulassung zur Therapie von unbehandelten Patienten ist bald auch in Deutschland zu rechnen.Die Besonderheit von Reyataz ist, dass es gegenüber den bisher verfügbaren PI einen geringeren Einfluss auf die Blutfettwerte und den Zuckerstoffwechsel hat. Reyataz blockiert in der Leber den Abbau des Bilirubin, das wiederum beim Abbau des roten Blutfarbstoffes Hämoglobin entsteht. Das wird an einem Anstieg des Bilirubinwertes im Blut erkennbar. Bei einem deutlichen Anstieg lagert sich das Bilirubin in den Augen und der Haut ab, wodurch eine Gelbfärbung sichtbar werden kann. Das ist an sich harmlos und zeigt keineswegs eine Leberschädigung an, kann aber dennoch sehr störend sein.
Aptivus (Tipranavir, TPV)
Tipranavir ist ein neuer PI, der bei stark vorbehandelten Patienten mit resistentem Virus eine ganz gute Wirksamkeit gezeigt hat. Tipranavir bringt dann am meisten, wenn es noch mit anderen wirksamen Medikamenten kombiniert werden kann. Die Tagesdosis Tipranavir sind 2 Kapseln à 250 mg morgens und abends plus jeweils 2 Kapseln Norvir (2/2 – 0 – 2/2). Die häufigsten Nebenwirkungen sind Magen-Darm-Beschwerden. Des Weiteren wurden Blutfetterhöhungen und Leberwerterhöhungen, vor allem bei zusätzlicher Leberschädigung durch Alkohol oder eine Hepatitis beobachtet.
Prezista (Darunavir, DRV)
Prezista ist ebenso ein neuer PI, der für resistent gewordene Viren entwickelt wurde. Prezista muss mit Norvir geboostert werden. Die übliche Dosierung beträgt je zwei Tabletten à 300 mg morgens und abends mit je einer Kapsel Norvir (2/1 – 0 – 2/1) und sollte möglichst zu einer Mahlzeit eingenommen werden. Bei den bekannten Nebenwirkungen stehen wie bei allen PI Magen-Darm-Beschwerden und Blutfetterhöhungen im Vordergrund.
Wirkungen und Nebenwirkungen von Fusionsinhibitoren
Fuzeon (Enfuvirtide, T20)
Fuzeon ist der erste Vertreter dieser neuen Wirkstoffklasse. Weil Fuzeon einen völlig anderen Angriffspunkt hat, wirken sich Resistenzen gegen andere antiretrovirale Medikamente nicht direkt auf die Wirksamkeit von Fuzeon aus. Jedoch hält die gute Wirksamkeit von Fuzeon nur in Kombination mit anderen wirksamen antiretroviralen Medikamenten an. Fuzeon sollte daher möglichst noch mit ein bis zwei anderen wirksamen Medikamenten eingesetzt werden.
Fuzeon muss zweimal täglich mit je 90 mg unter die Haut ins Fettgewebe (subkutan) gespritzt werden, da es bei der Aufnahme über den Darm z.B. aus einer Tablette zersetzt werden würde. Die Fuzeon-Lösung muss jeweils aus einem Pulver und Lösungswasser selbst gemischt und dann spätestens nach 12 Stunden verwendet werden. Bei fast allen Behandelten treten an den Einstichstellen Entzündungen auf, im Sinne von Rötungen und Knotenbildung, die gelegentlich schmerzhaft sind und einige Tage anhalten können.
Wirkungen und Nebenweirkungen von Korezeptorblockern
Celsentri (Maraviroc, MVC)
Celsentri ist der erste zugelassene Korezeptorblocker. Wegen der neuartigen Wirkweise schränken zuvor erworbene Resistenzen die Wirksamkeit von Celsentri nicht ein. Celsentri blockiert den CCR5-Rezeptor. Es gibt auch HIV-Stämme, die den anderen Korezeptor CXCR4 benutzen, so dass Celsentri hier keinen Effekt hätte. Daher muss vor der Verordnung von Celsentri durch einen Bluttest geprüft werden, ob das Virus den CCR5-Rezeptor benutzt.
Celsentri muss morgens und abends als Tablette à 300 mg eingenommen werden. Eine Boosterung ist nicht erforderlich. Die Verträglichkeit erscheint derzeit sehr gut, wobei Langzeitdaten noch fehlen. In der Entwicklungsphase von Celsentri gab es den Verdacht auf eine mögliche Leberschädigung. Obwohl spätere Studien das nicht mehr gezeigt haben, sollten die Leberwerte regelmäßig überwacht werden. Zu beachten sind zahlreiche mögliche Wechselwirkungen von Celsentri mit anderen antiretroviralen Medikamenten, die teilweise eine Dosiserhöhung von Celsentri erfordern.
Wirkungen und Nebenwirkungen von Integraseinhibitoren
Isentress (Raltegravir, RGV)
Isentress ist in Deutschland seit Januar 2008 zugelassen und das erste Medikament in seiner Wirkstoffklasse. Da auch hier eine neuartige Wirkweise zugrunde liegt, besteht noch eine gute Wirksamkeit, wenn gegen andere Medikamente bereits Resistenzen vorliegen. Isentress benötigt keine Boosterung und muss morgens und abends als Tablette à 400 mg eingenommen werden. Relevante Wechselwirkungen mit anderen antiretroviralen Medikamenten sind nicht bekannt. Die Verträglichkeit von Isentress erscheint sehr gut. In den bisherigen Studien wurde keine typischen Nebenwirkungen beobachtet. Langzeitbeobachtungen liegen jedoch noch nicht vor.
Wichtige Wechselwirkungen zwischen HIV-Medikamenten und anderen Substanzen
Verschiedene Arzneimittel und andere Substanzen – egal, ob sie verschreibungspflichtig oder rezeptfrei sind, legal oder illegal (z. B. bestimmte Drogen), pflanzlich oder nicht pflanzlich – können sich im Körper gegenseitig beeinflussen, wenn sie zusammen eingenommen werden (wobei „zusammen“ auch „im gleichen Zeitraum, aber zu verschiedenen Zeiten“ bedeuten kann, also z. B. im Abstand von sechs oder acht Stunden). So kann etwa Substanz A verhindern, dass Substanz B im Magen aufgenommen wird, oder das abbauende Enzym in der Leber blockieren – Substanz B bleibt dann länger und in höherer Konzentration im Blut, die Wirkung und die Nebenwirkungen nehmen zu. Kurbelt Substanz A dagegen das abbauende Enzym in der Leber an, wird Substanz B schneller abgebaut – die Konzentration im Blut wird verringert, die Wirkung nimmt ab. Für antiretrovirale Medikamente heißt das: Sie können überdosiert sein und dadurch mehr Nebenwirkungen haben, oder sie sind unterdosiert, was zum Verlust der Wirksamkeit und zur Bildung von Resistenzen führen kann. Ähnliches gilt für die anderen beteiligten Substanzen: So können manche HIVMedikamente die Blutspiegel von Substitutionsmitteln senken, was zu Entzugserscheinungen führt, während andere die Blutspiegel von Drogen anheben und damit deren Wirkungen und Nebenwirkungen verstärken. Wichtig ist daher, den behandelnden HIV-Arzt oder die behandelnde HIV-Ärztin genau darüber zu informieren, was man sonst noch alles einnimmt. Dazu gehören Alkohol und Drogen wie Ecstasy, „Speed“, „Poppers“, Heroin und Kokain, Substitutionspräparate wie Methadon und Buprenorphin, andere Medikamente (auch rezeptfreie!) wie z. B. Antibiotika, Schlaftabletten, Antidepressiva oder Blutfettsenker, orale Verhütungsmittel („Pille“), Potenzmittel, Nahrungsergänzungsmittel, Vitaminpräparate und naturheilkundliche Mittel. Und umgekehrt sollte man auch andere behandelnde Ärztinnen und Ärzte darüber informieren, dass man antiretrovirale Medikamente nimmt – nur so kann man problematische Wechselwirkungen vermeiden.
Wichtige Wechselwirkungen zw ischen HIV-Medikamenten und anderen Substanzen
Im Folgenden führen wir vor allem Wechselwirkungen zwischen der ART und naturheilkundlichen Mitteln, frei verkäuflichen Substanzen und Drogen auf, weil diese oft ohne Wissen des HIV-Schwerpunktarztes/der HIV-Schwerpunktärztin genommen werden. Informationen über Wechselwirkungen mit verschreibungspflichtigen Medikamenten bekommt man bei HIV-Spezialist- (inn)en und z. B. unter www.hivleitfaden.de (Therapie Antiretrovirale Therapie Pharmakokinetik und Wechselwirkungen) oder www.hiv-druginteractions. org (in englischer Sprache). Wichtig zu wissen ist, dass viele Substanzen mit antiretroviralen Medikamenten wechselwirken können und dass man vor der Einnahme möglichst den behandelnden HIV-Arzt oder die behandelnde HIV-Ärztin befragen sollte.
Pflanzliche und naturheilkundliche Mittel
Mittel zur Behandlung von Magenbeschwerden
Medikamente, die die Menge an Magensäure reduzieren (z. B. Protonenpumpenhemmer wie Omeprazol) und H2-Rezeptor-Antagonisten (z. B. Ranitidin), die vor allem bei Magengeschwüren/-entzündungen und Sodbrennen eingesetzt werden, können die Wirkspiegel von Reyataz, Telzir, Edurant, Eviplera und Kaletra senken und so deren Wirkung einschränken und den Wirkspiegel von Isentress und damit die Gefahr von Nebenwirkungen erhöhen.
Hormonelle Verhütungsmittel
Hormone können zu erniedrigten Spiegeln des Protease-Inhibitors Telzir führen. Bestimmte Protease-Inhibitoren wiederum – z. B. Reyataz oder Viracept – und der NNRTI Sustiva/Stocrin (auch in Atripla) erhöhen die Spiegel von Hormonpräparaten, sodass Patientinnen verstärkt unter Nebenwirkungen bzw. unter „schwangerschaftsähnlichen Symptomen“ wie Erbrechen und Übelkeit leiden. Kaletra, Viracept und Viramune dagegen senken die Östrogen- und Gestagen- Spiegel im Blut. Es kann zu Abbruchblutungen kommen, und die Verhütung ist nicht mehr gesichert!
Potenzmittel
Vor allem PIs erhöhen die Konzentration von Potenzmitteln wie Viagra, Cialis oder Levitra zum Teil drastisch, was zu einem gefährlichen Blutdruckabfall und einer schmerzhaften Dauererektion führen kann. Die Dosis des Potenzmittels muss deshalb entsprechend reduziert werden – Auskunft gibt der behandelnde Arzt oder die behandelnde Ärztin.
Substitutionsmittel
Einige HIV-Medikamente (Sustiva/Stocrin, auch in Atripla, Viramune, Viracept und Kaletra) senken den Wirkstoffspiegel von Substitutionsmitteln (Methadon, Polamidon) im Blut; es können Entzugserscheinungen auftreten. Bis zum Auftreten solcher Unterdosierungen vergehen allerdings meist zwei bis drei Wochen, nachdem mit der regelmäßigen parallelen Einnahme der HIV-Medikamente und der Substitutionsmittel begonnen wurde. Unter einer ART muss das Substitutionsmittel gegebenenfalls höher dosiert werden.
„Party-Drogen“
Ausführliche Informationen zu Wechselwirkungen von "(Party-)Drogen" und HIV-Medikamenten findest du unter www.hiv-drogen.de.
Beruhigungsmittel/Tranquilizer
Viele Tranquilizer (Benzodiazepine) bergen in Verbindung mit PIs und Efavirenz ein erhöhtes Risiko für Sedierung (Versetzung in einen schläfrigen Zustand) und Herabsetzung der Atmung; die Wirkdauer kann stark ansteigen, sodass man unter Umständen mehrere Tage betäubt und desorientiert ist.
Selbst aktiv werden: Gesund leben mit HIV
HIV-Infizierte haben – vor allem aufgrund der anhaltenden Entzündungsprozesseinfolge der Überaktivierung des Immunsystems – ein höheres Risiko für "Alterskrankheiten" wie Diabetes mellitus, Osteoporose oder Herzinfarkt. Die gute Nachricht: Menschen mit HIV stehen meist unter engmaschiger ärztlicher Beobachtung. Werden andere Risikofaktoren wie z. B. erhöhte Blutfett- oder Blutzuckerwerte oder zu hoher Blutdruck bei den regelmäßigen Kontrollen entdeckt, können sie reduziert oder abgestellt werden – z. B. durch Medikamente oder durch eine gesündere Lebensführung. Auf diese Weise kann man dem zusätzlichen Risikofaktor HIV gut entgegengewirken.
Für ihre Gesundheit können HIV-Patientinnen und -Patienten eine ganzeMenge selbst tun, z. B.:
Herz-Kreislauf-Gesundheit fördern. Da die HIV-Infektion schon an sich einen Risikofaktor für die Alterung derGefäße darstellt und die ART unter Umständen zu einer Erhöhung der Blutfett- und Blutzuckerwerte führt, ist es für HIV-Positive umso wichtiger, die klassischen Risikofaktoren zu senken, das heißt vor allem: